„Der Glaube ist die starke Verbindung zwischen sehr unterschiedlichen Kulturen“

Ein Interview mit UEM-Volontärin Tupokigwe Mwakipesile/Rückkehr nach Tansania steht kurz bevor

GÜTERSLOH – Die Volontärin der UEM (United Evangelical Mission) und Botschafterin der Partnerschaft zwischen den tansanischen Kirchenkreisen von Murongo und Kyerwa mit dem Kirchenkreis Gütersloh, Tupokigwe Mwakipesile kurz Tupo, schaut auf ein ereignisreiches Jahr in Gütersloh zurück. War das Gespräch vor einem Jahr noch hauptsächlich in Englisch, sprechen „Tupo“ und ich jetzt problemlos auf Deutsch. Im UK-Interview zieht die junge Lehrerin ein rundherum positives Fazit.

? Was bewegt Sie jetzt nach einem intensiven Jahr in Gütersloh vor allem?

Tupo: Ich bin so dankbar für alles, was ich hier erleben durfte. Die Menschen, denen ich begegnen durfte, haben mir alle ein Gefühl von „Zuhause-Sein“ gegeben. Ich bin sehr freundlich aufgenommen worden.

? An wen denken Sie im Besonderen?

Tupo: Ach, da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich habe viele Gemeinden besucht, besonders gerne erinnere ich mich an die Frauenhilfegruppen in Rietberg und Gütersloh, sogar in Halle bin ich gewesen. Alle waren sehr interessiert an mir und haben mich freudig aufgenommen. Oh, was werde ich das Team im Weltladen vermissen! Wir haben so gut zusammengearbeitet! Ich bedanke mich ganz besonders für die intensiven Erfahrungen in der engen Zusammenarbeit mit Sylvia Henselmeyer und natürlich auch für die besondere Begleitung durch Superintendent Frank Schneider. Sie beide haben mich ernstgenommen und auch gefordert. Ich bin gewachsen dadurch.

? In welche Bereiche im Kirchenkreis haben Sie sonst noch hineingeschnuppert?

Tupo: Ich durfte viele Pfarrerinnen und Pfarrer kennenlernen und habe hier mit vielen Erwachsenen zusammengearbeitet. Zuhause in Tansania lag mein Schwerpunkt eher in der Kinder- und Jugendarbeit. Deshalb hatte ich zuerst ein wenig Angst vor dieser neuen Herausforderung. Das war jedoch unbegründet. Diese vielen Begegnungen haben meinen Horizont sehr erweitert. Ich habe die Unterschiede der doch sehr verschiedenen Kulturen kennengelernt und viel besser verstanden. Durch das intensive Sprechen mit so vielen Menschen hat sich mein Deutsch verbessert. Die Menschen in meinem VHS-Sprachkurs waren fast neidisch auf mich, weil ich täglich im Alltag trainieren konnte.

? Sie haben von kulturellen Unterschieden gesprochen, wie haben Sie diese Herausforderung gemeistert?

Tupo: Wir haben sehr unterschiedliche Kulturen in Tansania und in Deutschland. Was mir jedoch sehr geholfen hat, gerade im kirchlichen Kontext: Wir haben eine starke Verbindung durch den Glauben. Geholfen hat mir meine geliebte Gastmutter Sandra, die auch im Tansania-Arbeitskreis mitarbeitet. Der familiäre Zusammenhalt war die beste Medizin gegen Heimweh. Ich werde schon bald ein umgekehrtes Heimweh spüren nach den Menschen hier in Gütersloh. Ich fühle mich glücklich und gesegnet durch die Zeit hier.

? Die wievielte Sprache ist Deutsch für Sie?

Tupo: Ja, das mit der Sprache war am Anfang das Schwierigste für mich. Jetzt spreche ich vier verschiedene Sprachen. Meinen heimischen Dialekt Nyakysa, Suaheli, Englisch und Deutsch. Ach, da fällt mir noch ein: Jemandem beim Vornamen zu nennen ist ein absoluter Fauxpas in meiner Kultur. Daran musste ich mich wirklich erst gewöhnen. Hoffentlich mache ich keine Fehler, wenn ich wieder zuhause bin.

? Gab es auch verstörende Erfahrungen?

Tupo: Ja, ein Hospizbesuch war für mich sehr traurig. Wir kennen solche Einrichtungen nicht. Wir kennen keinen Ort zum Sterben außerhalb der Familie.

? Wie hat Sie das Jahr in Gütersloh verändert?

Tupo: Ich habe mehr zu mir selbst gefunden. Der Abstand zu meiner Familie und meinem Land hat mich erwachsener werden lassen. Es gibt ein Sprichwort bei uns zuhause: ‚Du findest den Wert der Menschen heraus, wenn Du weit weggehst‘.

? Worauf freuen Sie sich besonders, wenn es jetzt wieder nach Tansania geht?

Tupo: Ich vermisse sehr unsere Art zu feiern, Gottesdienste sind bei uns ganz anders. Ich freue mich natürlich auf meine Familie und die vielen jungen Menschen. Ich weiß jetzt noch mehr, dass ich die Arbeit mit Menschen liebe.

Das Gespräch führte Christiane Gerner.