Herbsttagung der Landessynode startete mit Gottesdienst

Grüße aus Nachbarkirche, Politik und Ökumene

Foto: EKvW

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ielefeld. Mit einem festlichen Eröffnungsgottesdienst in der Zionskirche in Bielefeld-Bethel begann am Sonntagnachmittag die Herbsttagung der Landessynode in der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW). Mitglieder der Synode und zahlreiche Gäste feierten miteinander den Gottesdienst, der in diesem Jahr vom Ev. Kirchenkreis Recklinghausen mit seiner Superintendentin Saskia Karpenstein gestaltet wurde. Im Anschluss begann im Betheler Tagungszentrum Assapheum die Sitzungsfolge, an der 179 Mitglieder der Synode, davon 153 stimmberechtigte und 26 beratende Mitglieder, teilnehmen. Vier Tage lang stehen gesellschaftspolitische, kirchenrechtliche und wirtschaftliche Themen auf der Tagesordnung. Sie werden im Plenum und in Ausschüssen beraten. Auf dem Programm steht auch die Wahl einer/eines neuen Theologischen Vizepräsidentin/-en.
Grüße zu Beginn überbrachte für die Stadt Bielefeld am Abend deren neu gewählte Oberbürgermeisterin Christiana Bauer. Sie hieß die Synodalen in Bielefeld willkommen und verwies auf die enge historische Verbindung der westfälischen Kirche zu ihrer Stadt. Bielefeld sei eine offene, bunte Stadt, so die Oberbürgermeisterin. Gemeinsam würden Kommune und Kirche dafür stehen, demokratische Werte zu verteidigen. Dafür agiere man nicht immer deckungsgleich, aber Seite an Seite und mit gleichem Kompass. Sie sehe in der EKvW eine Kirche, die Verantwortung übernimmt, so Christiana Bauer.
Aus den benachbarten Landeskirchen, der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Lippischen Landeskirche, waren der rheinische Präses Thorsten Latzel und der Lippische Landessuperintendent Dietmar Arends nach Bielefeld gekommen. Im Namen beider Nachbarkirchen richtete Präses Latzel ein Grußwort an die Synodalen. Synoden, so Thorsten Latzel, seien eine geniale Erfindung. Denn man mache sich darin gemeinsam, von Gott geleitet, auf den Weg, um Lösungen für schwere Fragen zu finden; dies auch, indem man aufeinander höre. Darin könne vielleicht sogar Berlin von Bethel lernen, sagte Latzel mit Augenzwinkern. Im Hinblick auf die drei evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen bekräftigte der Präses: „Tatsächlich verbindet uns mehr miteinander als uns voneinander trennt.“ Die drei Kirchen sollten, was immer möglich sei, gemeinsam oder stellvertretend füreinander tun.
Der Bischof des Bistums Essen Franz-Josef Overbeck überbrachte in seinem Grußwort gute Wünsche von Seiten der katholischen Kirche. Wie auch der evangelische Präses aus dem Rheinland betonte er, eine Synode brauche Mut bei Diskussion und Entscheidung all der anstehenden Herausforderungen. „Sie brauchen viel Mut. Haben Sie ihn!“ rief er den Synodalen zu. Eine notwendige Erneuerung könnten die Kirchen im Übrigen nur ökumenisch begehen, sagte Overbeck. „Seien Sie gewiss: ‚synodos‘ - gemeinsam auf dem Weg sein - ist die beste Form von Synodalität.
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, Zwi Rappoport. Er habe sich sehr gefreut, um ein Grußwort für die Landessynode gebeten worden zu sein, sagte Rappoport. Ihm persönlich liege der christlich-jüdische Dialog sehr am Herzen, für den bereits seine verstorbene Mutter nach der Rückkehr der Familie aus Israel nach Westfalen in den 50’er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Vorreiterin geworden war.
Zwi Rappoport beschrieb in einer historischen Rückschau die Sprachlosigkeit auf allen Seiten nach den Schrecken in der Zeit des Nationalsozialismus. „Umso bewundernswerter war daher der Entschluss der wenigen Gleichgesinnten, Juden und Christen, sich aus der Erstarrung zu lösen und aufeinander zuzugehen“, so der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden.
In den folgenden Jahrzehnten habe sich trotz mancher Rückschläge ein neues Vertrauensverhältnis zwischen Juden und Christen in Deutschland entwickelt, sagte Rappoport. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 und die darauffolgenden Kriege in Gaza und im Libanon hätten indes das christlich-jüdische Verhältnis stark beeinträchtigt.
Zwi Rappoport beschrieb antisemitische und antiisraelische Ressentiments, die Juden seitdem im extremen Maße erlebten. Sie hätten, so seine Wahrnehmung, „leider auch in christlichen Kreisen Anschluss gefunden.“ Rappoport kritisierte in diesem Zusammenhang auch Formulierungen in öffentlichen Äußerungen christlicher Organisationen wie des Lutherischen Weltbundes oder des Ökumenischen Rats der Kirchen, weil dort beispielsweise kurz nach dem Hamas-Überfall lediglich von „Feindseligkeiten zwischen Israel und Palästina“ die Rede gewesen sei.
Für die jüdische Gemeinschaft in Westfalen bekräftigte ihr Vorsitzender, sie sei keineswegs bereit, den antisemitischen Kräften, woher auch immer sie kämen, das Feld zu überlassen. Er appellierte an die Vertreter*innen der Kirchen, sich dabei an ihre Seite zu stellen. „Wir brauchen noch viel mehr Engagement und Unterstützung auch und gerade von Ihnen als Christinnen und Christen, um die bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungenen antisemitischen Ressentiments zurückzudrängen“, sagte Rappoport. In einer anschließenden Aussprache dankten zahlreiche Mitglieder der Synode dem leitenden Vertreter der jüdischen Gemeinschaft für seine eindrückliche Beschreibung der aktuellen Situation. Sie sicherten verstärkte Aufmerksamkeit und Anstrengungen gegen antisemitische Tendenzen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen zu.
Die Synodentagung wird am Montag unter anderem mit dem Bericht der Präses der EKvW sowie der Haushaltsrede des Finanzdezernenten fortgesetzt. Die Herbsttagung der Landessynode findet noch bis zum Mittwoch, 26. November, in Bielefeld statt.
Weitere Infos unter: www.landessynode.de

Zum Hintergrund:
Die Landessynode ist das oberste Entscheidungsgremium der Evangelischen Kirche von Westfalen. Ihr gehören 153 stimmberechtigte Mitglieder an. Dazu zählen Synodale, die von den 26 Kirchenkreisen der Landeskirche entsandt werden, sowie Vertreterinnen und Vertreter von evangelisch-theologischen Fakultäten und von der Kirchenleitung berufene Mitglieder. Hinzu kommen Mitglieder mit beratender Funktion und sachverständige Gäste.