Kirche als Wächter der Gesellschaft

Der palästinensische Bischof Dr. Munib A. Younan zu Gast im Kirchenkreis

Ashraf Tannous, Christian Heine-Göttelmann, Dr. Munib A. Younan sowie Pfarrer Dietrich Fricke (v.l.). Foto: Kerstin Jacobsen

Kirchenkreis. „Wir Christen sind verantwortlich für die Welt!“, sagt Dr. Munib A. Younan. „Gerechtigkeit, Liebe Akzeptanz und Frieden sind christliche Werte, die wir der Welt zu geben haben.“ Zur Einführung der neuen Präses Annette Kurschus besuchte der Präsident des Lutherischen Weltbundes Westfalen.

 

Younan ist Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Auf Einladung von Dietrich Fricke wohnte er in Rietberg. Der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Rietberg unterhält intensive Kontakte ins Heilige Land. Am vergangenen Samstag trafen sich Bischof Younan und Pfarrer Fricke zum Gedankenaustausch mit Christian Heine-Göttelmann, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh, im Rietberger Hotel Lind. Dabei war auch der palästinenschsche Pastor Ashraf Tannous. Er absolviert in Rietberg ein Sondervikariat.

 

Einig waren die Geistlichen darin, dass sich die Kirchen nicht aus dem öffentlichen Leben zurückziehen dürfen. „Bei manchen unserer Gemeinden gibt es die Tendenz, sich hauptsächlich auf die Feier von Gottesdienst und die Kirchenmusik zu konzentrieren“, so Superintendent Heine-Göttelmann. Das reiche aber nicht. „Wir müssen auch gesellschaftlich Stellung beziehen und Gesprächspartner der Politiker bleiben.“ Younan pflichtete ihm bei. Vor wenigen Tagen habe er mit der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton im Weißen Haus diskutiert: „Wie kann Religion im Mittleren Osten nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein? Die Politik beobachtet ganz genau, welches Beispiel die Christen geben. Die Kirche muss Wächter der Gesellschaft sein.“ Sorge bereite ihm die Tatsache, dass immer mehr Angehörige der kleinen christlichen Minderheit das heilige Land verlassen. „Das ist unsere große Herausforderung.“

 

In diesen schwierigen Zeiten seien internationale Partnerschaften besonders wichtig. „Die klappen nur über persönliche Kontakte“, so Younan. „Von Gemeinde zu Gemeinde können wir uns am besten gegenseitig stärken.“ Er warb ausdrücklich dafür, die christlichen Glaubensgeschwister im heiligen Land zu besuchen. Das war ganz im Sinne von Dietrich Fricke. Regelmäßig fährt er mit Gemeindegruppen nach Israel und Palästina, bietet angehenden Religionslehrern Exkursionen an. Auch mit dem Bibeldorf Rietberg will er eine Brücke zur Welt und zum Land der Bibel schlagen. „Eigentlich müssten Pfarrerinnen und Pfarrer schon im Studium dorthin fahren“, findet Fricke. „Dann würden sie ganz anders predigen.“

 

Ein weiteres Thema war das anstehende 500. Jubiläum der Reformation. Für das Jubiläumsjahr 2017 stellt Younan eine gemeinsame Erklärung der Katholischen und der Evangelischen Kirche zur Reformation in Aussicht. „In vielen Dingen sind und bleiben wir unterschiedlicher Ansicht“, so der palästinensische Bischof. „Aber wichtiger ist doch, was uns eint: Wir sind die Familie Jesu Christi!“

 

Bischof Younan nimmt auch viele Anregungen mit nach Hause. „Diakonische Einrichtungen wie die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel sind sehr inspirierend. Derlei steckt bei uns in Ramallah noch in den Kinderschuhen.“ Und Vikar Tannous ergänzt: „Wir haben viele Träume.“

kj