„Kirche von Fall zu Fall“

Westfälischer Pfarrerinnen- und Pfarrertag in Gütersloh beschäftigte sich mit den Amtshandlungen

In der Form steckt die Bedeutung: Professor Dr. Kristian Fechtner beim westfälischen Pfarrerinnen- und Pfarrertag in Gütersloh. Foto: Kerstin Jacobsen

Gütersloh. Ob Geburt, Hochzeit oder Tod – wichtige Lebensübergänge werden von jeher kirchlich begleitet. Die Kasualien oder Amtshandlungen (Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung) standen jetzt im Zentrum des Westfälischen Pfarrerinnen- und Pfarrertags. Der Evangelische Pfarrverein hatte in die Hauptverwaltung der Bertelsmann AG nach Gütersloh eingeladen.

 

Den Beginn der Tagung gestaltete Präses Annette Kurschus. Sie stellte das Pauluswort „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Galater 6,1) ins Zentrum ihrer Ansprache. Kurschus erinnerte daran, dass Gott selbst in Jesus Christus unsere Last trägt: „Von dieser Erfahrung lasst uns etwas weitergeben!“

 

Klaus Altepost leitet das Gütersloher Verlagshaus. Hier ist das Buch „Kirche von Fall zu Fall. Kasualien wahrnehmen und gestalten“ erschienen. Altepost freute sich darüber, den Autor Professor Dr. Kristian Fechtner (Münster) sowie gut 100 interessierte Pfarrerinnen und Pfarrer zu begrüßen. Auch Superintendent Christan Heine-Göttelmann hieß die Gäste „in Gütersloh, der Toskana Westfalens“ willkommen.

 

„Die Bedeutung der Amtshandlungen für die Kirchenmitglieder wächst“, stellte Professor Fechtner in seinem Vortrag fest. Die Kirche müsse sich – außer bei der Taufe – zunehmend der Konkurrenz durch weltliche „Ritualdesigner“ stellen. Dem oft beklagten kirchlichen Traditionsabbruch stellte er die Bildung neuer oder aus anderen Zusammenhängen stammender Rituale entgegen. Als Beispiele nannte Fechtner Einschulung, Brautübergabe vom Vater an den Bräutigam und Bestattung im Friedwald. Die Menschen legten zunehmend auf eine individuelle Gestaltung „ihrer“ Feier Wert. Im Mittelpunkt stehe nicht mehr die klassische Predigt, sondern die Inszenierung. Fechtner appellierte an sein Publikum, Gestaltungsfragen der Gemeindeglieder ernst zu nehmen, denn: „Die Formen sind der Ort, wo Bedeutung drinsteckt.“ Er machte Mut, darauf zu vertrauen, „dass die geistliche Kraft aus den kirchlichen Handlungen erwächst.“

 

Nur in Ausnahmefällen sollten Amtshandlungen laut Fechtner außerhalb einer Kirche stattfinden. Tauffeste jedoch (etwa am Fluss) seien eine Gelegenheit etwa für Alleinerziehende, ihr Kind taufen zu lassen. Denn das tun sie nur relativ selten, da sie sich oft keine Familienfeier leisten könnten, oder es gebe keine Familie mehr. Amtshandlungen will Fechtner an das Pfarramt binden und das Patenamt stärken. Könne eine Familie keine geeigneten Paten finden, sollte aber auch ohne sie getauft werden.

 

Auf der Mitgliederversammlung des Pfarrvereins wurde dessen Vorstand neu gewählt. So gab Pfarrer i.R. Ulrich Conrad (Hamm) den Vorsitz ab. Vorsitzender ist jetzt Jan-Christoph Borries (Münster), Conrad sein Stellvertreter. Pfarrer i.R. Gerhard Lohmann (Gütersloh) beendete die Vorstandsarbeit. Er war von 1985 bis 1998 Vorsitzender. Neuer Protokollführer ist Pfarrer Michael Hayungs, Herzebrock-Clarholz.

kj