Reise durch die Nacht

Eine Tour durch die fünfte Nacht der offenen Kirchen

Partystimmung in der Wiedenbrücker Kreuzkirche mit der Guido-Hardiek-Band. Foto: Kerstin Jacobsen

Pfingsten 2012: Sechs Kirchen des Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh öffnen zur fünften Nacht der offenen Kirchen ihre Tore. Die Gemeinden setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Gemeinsam ist ihnen die Bewirtung der Gäste mit kulinarischen Genüssen. Ob ich es schaffe, alle sechs geöffneten Kirchen zu besuchen?

Beckum, 19 Uhr: Die Sonne strahlt mit den Frauen und Männern um die Wette, die sich an der Christus-Kirche versammelt haben. Unter freiem Himmel locken köstliche Früchte und Salate, Frikadellen und Häppchen. Pfarrerin Birgit Schneider ist gespannt: „Wie viele heute wohl kommen?“ In der Kirche stimmen sich Siegfried Kuttner und Karl-Heinz Nicolli schon auf ihr Konzert ein: Um 20 Uhr beginnt ihre musikalische Hommage an Bob Dylan.

Rheda, 20 Uhr: In der bunt beleuchteten Stadtkirche ist schon seit drei Stunden Programm. Viele naschen noch am kalten Buffet. Jetzt steht „Panflöte und Gitarre“ an. Andachtsvolle Stille: Sebastian Pachel und Marius Peters nehmen die Gäste sofort mit ihrer Musik gefangen. Pachel spielt verschiedene Flöten, erläutert ihre Eigenheiten. Sogar einer Wasserflasche entlockt er eine Melodie – große wie kleine Zuhörer staunen – auch ich bin ganz fasziniert.

Wiedenbrück, 21 Uhr: Hier ist die Kirchen-Nacht im vollen Gange, vor der Kreuzkirche ballt sich eine Menschentraube. Die Leute essen, trinken, plaudern, lachen. Dann gibt es auf die Ohren: Die Guido-Hardiek-Band läßt mit modernen Anbetungsliedern und Popmusik im Nu ausgelassene Partystimmung aufkommen. Knallbunte Lichtstrahlen geben einen Vorgeschmack auf die spätere Lasershow der „Dance Factory”.

Verl, 22.15 Uhr. Eigentlich sollte in der Erlöserkirche jetzt während einer „gottesdienstlichen Reise um die Welt“ die russisch-orthodoxe Kirche vorgestellt werden. „Jetzt brauchen wir erst mal eine Pause“, so Pfarrer Christoph Freimuth. „Die Aramäer haben nämlich um 100 Prozent überzogen!“ Macht nichts, die Nacht ist ja noch jung! Schaue ich eben im gemütlichen Nachtschwärmer- Café vorbei. Dann erzählt Jugend-Mitarbeiter Maik Sandmann von der russisch-orthodoxen Liturgie, zeigt Fotos schöner alter Kirchen vor und gibt Ikonen herum. Und schon ist es 23.15 Uhr. Schade, jetzt schaffe ich das Nachtkonzert in der Bartholomäuskirche Brackwede nicht mehr. Doch in einer Kirche geht es noch weiter bis nach Mitternacht.

 

23.40 Uhr: Flackernde Kerzen spenden in der Evangelische Kirche Ummeln warmes Licht. Rund 40 Menschen singen gemeinsam mit dem Eine-Welt-Chor der Gemeinde „Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht…“. Pfarrerin Annette Kleine spricht Segensworte zur Nacht. Draußen warten die Bläserinnen und Bläser des Posaunenchors. Fast alle bleiben noch und lauschen den Chorälen, mit denen die Nacht der offenen Kirchen ausklingt.

Nein, ich habe nicht alle Kirchen besucht. In jeder wäre ich gern länger geblieben, hatte immer das Gefühl, zu früh aufzubrechen. Trotzdem fahre ich reich beschenkt nach Hause. Und freue mich schon auf die nächste Kirchen-Nacht in zwei Jahren.

kj