Mit weitem Herzen im engen Raum

Pfarrerin Elisabeth Biermann in den Ruhestand verabschiedet

Pfarrerin Elisabeth Biermann hat die Umgestaltung der Gefängniskapelle wesentlich mitgestaltet. Der Kerzenbaum wurde in der anstaltseigenen Schlosserei hergestellt. Er bietet in den Gottesdiensten, die sie und ihre Kolleg:innen dort gestalten, den Gottesdienstbesuchern die Möglichkeit, fürbittend Kerzen anzuzünden. 		Foto: fra

Pfarrerin Elisabeth Biermann hat die Umgestaltung der Gefängniskapelle wesentlich mitgestaltet. Der Kerzenbaum wurde in der anstaltseigenen Schlosserei hergestellt. Er bietet in den Gottesdiensten, die sie und ihre Kolleg:innen dort gestalten, den Gottesdienstbesuchern die Möglichkeit, fürbittend Kerzen anzuzünden. Foto: fra

Kirchenkreis Gütersloh. Nach neun engagierten Jahren in der Gefängnisseelsorge der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne (JVA) ist Pfarrerin Elisabeth Biermann in den Ruhestand verabschiedet worden. Mit einem feierlichen Gottesdienst und einem Empfang im Kirchraum der JVA wurde sie nun gemeinsam mit dem langjährigen Justizvollzugsbeamten und Pressesprecher Axel Berger verabschiedet und offiziell entpflichtet. Dekanin Uta Klose dankte der beliebten Seelsorgerin für ihren „segensreichen Dienst, ihre Zugewandtheit und ihre Klarheit“.  
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ – unter dieses biblische Wort stellte sie selbst ihre Zeit im Gefängnis. Was wie ein Widerspruch klingt, beschreibt für sie einen Raum der Freiheit: „Das stark strukturierte System des Vollzuges hat mir mit dem Auftrag in der Seelsorge einen offenen und weiten Raum eröffnet“, so Biermann. Mit Kreativität, Mut und Teamgeist hat sie gemeinsam mit ihren Kolleg:innen in ökumenischer Verbundenheit vielfältige Projekte initiiert – vom Adventsmarkt unter Pandemiebedingungen über Kulturveranstaltungen bis zum Café in der JVA.
Ein besonderes Anliegen war ihr die seelsorgliche Begleitung lebensälterer Inhaftierter. In Gesprächen – auch im Justizministerium – thematisierte sie sensibel das „Sterben im Vollzug“. Seelsorge bedeutete für sie dabei immer, einen zweckfreien, geschützten Freiraum zu schaffen, in dem Menschen ganz sie selbst sein dürfen.
Geboren 1962 und aufgewachsen in Bremen, entwickelte Elisabeth Biermann schon früh Interesse an der Theologie – inspiriert, aber auch herausgefordert durch ihren Vater, selbst Gemeindepfarrer und später Seemannspastor, der ein eher konservatives Verständnis vom Pfarramt hatte. Während der Schulzeit wurde ihr bewusst, dass Gemeindearbeit nur eine von vielen Formen pfarramtlicher Tätigkeit ist – Krankenhaus-, Gefängnis- und Notfallseelsorge rückten in ihren Blick.
Nach dem Theologiestudium in Bochum und Bethel, wo sie auch ihren späteren Ehemann Eckehard kennenlernte, folgten Vikariat in Datteln und Probedienst in Oer-Erkenschwick. Prägend waren sechs Jahre in Finnland, wo ihr Mann Pfarrer der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde war. Zurück in Deutschland wandte sie sich nach einigen Jahren in der Gemeindearbeit der Krankenhausseelsorge im Bergmannsheil und in der Kinderklinik Buer, der Notfallseelsorge und der Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst in Gelsenkirchen zu.
Mit ihrem leidenschaftlichen Engagement prägte sie schließlich ab 2016 die Gefängnisseelsorge in der JVA Bielefeld-Senne und ihren 14 Außenstellen mit. Parallel brachte sie sich in der Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in NRW ein und übernahm sechs Jahre lang deren Vorsitz.
Nun beginnt für Elisabeth Biermann ein neuer Lebensabschnitt. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt sie weiterhin in Bielefeld-Senne. Die beiden werden wieder gemeinsam in Posaunenchören musizieren, und zwar in Stieghorst und im Senioren-Posaunenchor Ostwestfalen. Mehr Zeit wird auch sein für die Familie und das Enkelkind. Sie bleibt dabei offen für das, was sich ergibt. Denn auch das bleibt: ihr Gottvertrauen.        fra